"Wir müssen eine sehr weite Sicht auf Meditation bewahren. Wenn dein Geist klar ist wie der Raum, dann ist alles Meditation. Es gibt Geh-Meditation, Rezitations-Meditation, Ess-Meditation. Wenn dein Geist klar ist wie der Raum, dann bewegt er sich nicht, auch wenn sich die Situationen ständig ändern. In diesem Moment, wenn du siehst, wenn du hörst, wenn du riechst, wenn du schmeckst, wenn du berührst, wenn du denkst – ist alles Meditation."
— Zen-Meister Seung Sahn
Im Rhythmus des schnellen, urbanen Lebens betrachten viele Menschen Meditation heute als ein wichtiges notwendiges Ritual, um in der Welt Halt und Klarheit zu finden. Für die meisten ist es ein stilles Verweilen auf einem speziellen Kissen, der Yogamatte oder einem Stuhl zu einer festgelegter Zeit. Das an sich ist schon wunderbar und ich wünsche mir, dass das alle Menschen für sich entdecken mögen.
Doch das ist nicht alles, wenn es um Meditation geht. Laßt uns zusammen auch den nächsten Schritt machen. Denn dieses kostbare Juwel der formellen Sitzmeditation ist nur ein zarter Keim im weiten blühenden Garten spirituellen Erwachens und der Transformation von Körper und Geist.
Was geschieht, wenn die formelle Meditation endet, wir uns erheben und den Meditationsplatz verlassen? Wie schnell versinken wir dann wieder im rauschenden Strom zahlloser Gedanken, Pläne und innerem Geplapper über „heute-morgen-gestern“? Was passiert in der Zeit, bis wir wieder an den Meditationsplatz zurückkehren, um wieder Achtsamkeit zu üben?
Ich frage mal so: Warum würdest du nach dem Kosten kristallklaren Quellwassers wieder das trübe Wasser einer schlammigen Pfütze trinken wollen und dir einreden, es sei dasselbe? Dein Herz, deine Intuition und dein Verstand wissen es besser.
Das Leben lädt dich jeden Augenblick ein, dein eigenes Bewusstsein und die Welt in dir und um dich herum mit klarem Blick und offenem Herzen zu erforschen. Das Leben lädt dich ein mit geerdetem Schritt achtsam und freundlich durch diese Welt zu wandeln. Das Leben vollkommen zu leben, IST die reine Meditation in sich selbst.
Wie machst du das?
Von Moment zu Moment zu Moment: sei ganz da, wo du gerade bist. Sei da. Nutze deine fünf Sinne: was siehst, fühlst, hörst, schmeckst und riechst du? Nimm das wahr, denke nicht darüber nach, bewerte es nicht. Nimm das Leben komplett wahr. Entspanne in die Situation hinein, beobachte, wie du loslassen kannst. Folge deinem Körper, er zeigt dir wie es geht, wenn du ihn lässt. Das ist der erste Schritt:
Kein Gedanke ist so wichtig, dass er JETZT gedacht werden muss.
Und wenn du dann bemerkst, dass du gerade wieder das schlammige Wasser aus der Pfütze deiner eigenen Gedanken schlürfst, dann lenke deine Achtsamkeit wieder sanft zurück zum Atem und erinnere dich an die Quelle, wo das Wasser kristallklar fließt.
Versuch das mal über die nächste Woche.
Spielerisch, entspannt, mit Humor und sei liebevoll mit dir selbst. Alles was es braucht, ist diese aufrichtige und würdevolle Hingabe an dieses Erforschen und das geduldige Kultivieren des eigenen Bewusstseins. Nur das - es gibt kein Ziel zu erreichen. Es geht in keiner Weise darum “perfekt“ im Meditieren zu werden. Niemand ist perfekt darin.
Wenn du diesen Weg gehst, verwandelst du dich langsam selbst. Und mit dir verändert sich allmählich die Welt um dich herum. Der kollektive Wandel beginnt in deinem Bewusstsein, in deinem Herzen. Die beste Technologie der Menschen sind aktuell nicht die Künstliche Intelligenz oder die neuesten Roboter, so hilfreich diese auch sein können. Die beste Technologie in jedem Menschen, ist die Fähigkeit zur Meditation. Es ist die menschliche Fähigkeit, achtsam, aufmerksam und mitfühlend das eigene Bewusstsein und damit das Leben selbst erforschen zu können.
Um unseren Planeten zu schützen und zu entwickeln, ist es zu allererst wichtig, in uns selbst den Samen der Veränderung pflanzen.
Lass Meditation nicht bloß einen Satelliten sein, der um eine Idee vom Leben kreist - wie eine Art Hobby oder therapeutische Notwendigkeit - das neben Arbeit, Freizeit und Familie, neben Bouldern, Radfahren, Tanzen und Musik-machen seine Nische hat.
Meditation ist das Leben in dir, das sich selbst erforscht. Wenn du wahrhaftig aus dem innersten Kern deines Wesens lebst, wenn du dich selbst mit unendlicher Geduld erforschst, dabei scheiterst UND wieder von vorn beginnst – ohne Bedauern, ohne Siegeswillen, mit einem Bewusstsein, das niemals aufgibt, mit all der Verletzlichkeit und dem Mut, den dies erfordert – dann beginnst du, aus deinem wahren inneren Zentrum heraus zu leben.
Dies ist echte Meditation und das ist unendlich kostbar. So kannst du dieser Welt und dir selbst helfen. Vielleicht machen diese Worte für dich jetzt gerade noch wenig Sinn, doch vielleicht werden sie mehr Sinn ergeben, wenn du nach Tagen, Wochen, Monaten und Jahren in Meditation auf das Leben schaust.
Lass die Meditation nicht nur einen fernen Stern am Himmel deiner Träume sein, wenn sie doch seit tausenden von Jahren kultiviert wurde, um dich zu erfüllen und dich zu erwecken, vom Leid und Schmerz zu befreien.
Yoginis und Yogis, Übende und Praktizierende aller Bewusstseinskulturen:
Macht Meditation wieder groß! Und weit!
Sven Mahr – Philosoph (M.A.), Coach, Zen-Lehrer und Yogalehrer BDY/EYU – lädt dich ein auf eine Entdeckungsreise durch tiefgründige Themen zu Meditation, Zen, Yoga und Achtsamkeit im Alltag. Mit einer Mischung aus Tiefgang, Leichtigkeit und Humor. Entdecke Klarheit und innere Ruhe für deinen Alltag. Finde wöchentliche Inspirationen in Bild und Text zum Entschleunigen für ein bewusstes Leben mit Tiefe und Hingabe.